Joh 14,1-6 (Jes 25,6a.7-9)
Allerseelen – 2.11.23
Innsbruck

Viele Menschen gehen in diesen Tagen zu den Gräbern.
Am Ende dieses Gottesdienstes gehen wir hinunter in die Krypta. Dort sind viele Jesuiten bestattet – und auch die Fürstenfamilie, die diese Kirche gestiftet hat. Mit diesem Gottesdienst ehren wir die Verstorbenen – und wir erinnern uns an sie, an unsere Familien-Angehörigen und Freunde.

Heute möchte ich auch vier Jesuiten erwähnen, die alle in der NS-Zeit den Tod gefunden haben.
Für Alfred Delp gibt es kein Grab, Johann Steinmayr ist in St. Magdalena in Südtirol bestattet, Alois Grimm in St. Blasien im Schwarzwald – und Johann Schwingshackl bei uns hier in der Krypta.

Ehre und Erinnerung auch für sie.

Wir ehren die Verstorbenen, indem wir ihre Namen aussprechen und sie nicht vergessen. Über den Tod hinaus wollen wir ihnen Wertschätzung zuteil werden lassen.

Wir erinnern uns der Verstorbenen. Wir lesen, was sie geschrieben haben. Wir sehen ihre Spuren in unserem Leben. Wir merken, wie bedeutend sie für uns sind. Wir merken, dass wir den Verstorbenen viel verdanken.

Ich halte es für wichtig, dass wir heute an die Leiden erinnern, die viele Menschen im 2. Weltkrieg erlitten haben, um unserer Freiheit willen.

Die Jesuiten, die ich erwähnt habe, sind verurteilt worden, weil sie Christen waren. Für sie gilt der alte Satz von Tertullian: Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche.

Die Freiheit, die wir heute in Österreich und in der Europäischen Union genießen, wurde erkämpft – gegen die Nazis, gegen die Kommunisten, und vor allem gegen die Gleichgültigen. Diese Freiheit bedeutet, dass wir frei sagen können, was wir denken. Dass wir unsere Religion frei ausüben können. Dass wir unsere Vertreter im Staat frei wählen können. Dass wir ein freies, unabhängiges Gerichtswesen haben.

All das haben andere für uns erkämpft, nicht wir.

Wir sind in der Verantwortung der Erben. Wir haben eine Ordnung der Freiheit übernommen, geerbt.

Wenn wir die Verstorbenen ehren und uns an sie erinnern, dann kommt, gleichsam automatisch, die Frage: Was werde ich weitergeben? Was werden wir weitergeben?

Schöne Erinnerungen an unsere Verstorbenen sind ein großer Trost für unsere Seele, besonders wenn wir traurig sind. Sie sind zugleich auch ein Ansporn, uns heute einzusetzen für andere Menschen, für eine Ordnung der Freiheit – bei uns in Österreich, in der Ukraine, in Syrien und im Heiligen Land.

Amen.