Lk 6,43-49; 1 Tim 1,15-17

Vor fast 500 Jahren gab es einen Jesuiten aus Spanien, der einige Jahre in Hall gearbeitet hat. Von ihm gibt es einen berühmten Drei-Schritt: Geistlich, herzlich, praktisch.

So soll ein Jesuit sein, ja so könnte eigentlich jede Christin und jeder Christ sein.

 

1.

Wenn ich solche Aufzählungen höre, dann schaue ich immer, was zuerst steht. Die Reihenfolge ist wichtig.

Sie kennen das ja auch: Wenn Sie heute früh Ihr Hemd oder Ihre Bluse zugeknöpft haben, dann ist es auf den ersten Knopf angekommen. Wenn der richtig zugemacht ist, dann passt es auch bei allen anderen Knöpfen. Wenn nicht, dann schaut alles schräg aus. 😊

Geistlich steht also an erster Stelle. Das meint das Fundament, von dem Jesus im Evangelium spricht.

Wer schon einmal ein Fundament ausgehoben hat oder dabei war, der weiß: das sieht man nur einige Wochen. Dann wird weitergebaut – und das Fundament sieht man nicht mehr. Erst wenn es einen Riss im Haus gibt, dann fängt man wieder an, über das Fundament zu reden. Ist es stabil, trägt es?

Mit dem Fundament unseres Glaubens ist es auch so. Wenn rundum alles wackelt, dann muss unser Glaubens-Fundament halten. Mir hilft dabei, immer wieder neu in der Bibel zu lesen.

Schauen Sie einmal zuhause, ob Sie Ihre Schulbibel noch finden – oder kaufen Sie sich eine neue Einheitsübersetzung. Ich lese am liebsten im Lukas-Evangelium – oder in den Psalmen, dem Gebetbuch Jesu.

So lerne ich immer wieder den Blick Jesu auf die Welt, auch auf unsere nicht so leichten Themen. Wenn ich z.B. an die Diskussion über den Assistierten Suizid oder über die Corona-Impfung denke, dann merke ich auch in katholischen Kreisen: da gibt es viel Egoismus: „Ich tue, was ich will. Ich muss mir von anderen nichts sagen lassen.“

Dass von meinem Verhalten auch andere betroffen sind, das kommt viel zu wenig in den Blick. Beim französisch. Motto „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ (liberté, egalité, fraternité) wird heute nur die Freiheit betont, die Brüderlichkeit, die Geschwisterlichkeit aber vergessen.

Da tut es gut, hier nach Locherboden zu kommen, gemeinsam auf Gottes Wort zu hören, gemeinsam zu beten und gemeinsam zu feiern.

So kommen wir als Christinnen und Christen zu Maria, die uns als Mutter vom guten Rat hilft, geistliche Menschen zu werden.

 

2.

An zweiter Stelle nennt Pater Nadal „herzlich“.

Herzlich meint mehr als nur nett sein. Herzlich meint „empathisch sein“. Ein herzlicher Mensch spürt, wie es dem anderen geht und was er/sie jetzt braucht. Ein herzlicher Mensch will dem anderen gut sein.

Jesus sagt heute: „Ein guter Mensch bringt Gutes hervor, weil in seinem Herzen Gutes ist.“

Unser gutes Herz: Auf wen genau bezieht es sich?

Zuerst natürlich auf meine Familie und Freunde, auf die in meiner Nähe.

Jesus hat aber immer weit über seine Familie hinausgeschaut – und so können auch wir auf ganz Tirol schauen, auf ganz Österreich, auf ganz Europa, ja: Wir können ein Herz haben für die Welt.

Manchmal überfordert uns das, weil wir vor lauter schwieriger Nachrichten am liebsten sagen würden: Bitte, ich möchte auch einmal abschalten können. Und das ist auch in Ordnung so.

Aber wenn wir vom großen Weltstress wieder zur Ruhe gekommen sind, dann können wir wieder hinschauen.

Heute möchte ich besonders auf Weißrussland hinweisen. Das ist nicht so weit weg von uns, es ist mitten in Europa – und wir mit unserer Freiheit können Wege finden, um die Menschen dort zu unterstützen, auch mit unserem Interesse und unserem Gebet.

Herzlichkeit also, die ein bisschen größer als üblich ist. Das ist hier gemeint.

Beim Stichwort „herzlich“ geht es auch um den konkreten Umgang miteinander. Die Realität ist, dass es oft leichter ist, mit Fernstehenden herzlich zu sein als mit seiner nächsten Umgebung, ja mit seiner eigenen Familie.

Es gibt viel Murks in unseren Familien: ungute Stimmungen, Streit, man redet nicht mehr miteinander.

Und auf Facebook und in den Leserbriefen gibt es auch manchmal einen Ton, den wir als Christen nicht gut finden können.

Heikel wird es, wenn öffentliche Amtsträger schlecht über andere sprechen. Da können wir als Staatsbürger einfordern, dass mit Anstand kommuniziert wird.

Wem der Anstand fehlt, wer aggressiv redet, der soll unsere Unterstützung nicht bekommen.

Als Christinnen und Christen müssen wir spürbar anders kommunizieren, eben: herzlich. Und wir können das auch von anderen erwarten.

„Wovon das Herz voll ist, davon spricht der Mund.“ Unser Herz soll voll sein von Zuwendung zu den anderen, von der guten Nachricht, von aufbauenden Gedanken.

So werden wir herzliche Menschen.

Eine Zeitlang gab es im Westen Wiens ein riesiges Transparent, auf dem stand: „Jesus liebt dich.“ Man hat es beim Vorbeifahren mit dem Auto sehr gut an einem Haus gesehen.

Auch wenn das vielleicht nicht unser Stil ist, wie wir Jesu Botschaft weitergeben: „Jesus liebt dich“ ist für uns extrem wichtig.

Das ist der tiefere Grund dafür, dass wir herzliche Menschen sein können: weil wir selbst die Liebe und Freundlichkeit Gottes erfahren.

Wir müssen nur die Augen aufmachen und genau schauen!

 

3.

Und schließlich: praktisch sollen wir Christen sein.

Wenn ich als Gefängniskaplan im Ziegelstadel in Innsbruck bin, dann ist es ganz wichtig, dass ich ein freundliches Gesicht mache. Das wirkt praktisch bei allen – bei den Beamten ebenso wie bei den Gefangenen.

Erzbischof Lackner von Salzburg hat einmal erzählt, wie er in Rom auf der Straße zwei Geistliche gesehen hat, die ganz ernst und finster drein gschaut haben. Er hat dann zu seinem Begleiter gesagt: Wenn so die gute Nachricht ausschaut, dann möchte ich nicht wissen, wie die schlechte ausschaut. 😊

Also: ein freundliches Gesicht ist etwas ganz Praktisches, für jede und jeden von uns.

Jede und jeder von uns hat auch Möglichkeiten, sich für andere einzusetzen: Mit unserer Zeit, mit unseren Fähigkeiten, mit unseren materiellen Mitteln.

Da gehört unser ehrenamtlicher Einsatz dazu, beim Roten Kreuz, bei der Feuerwehr, bei den Vereinen und in der Hilfe für die Nachbarn.

Da haben wir alle Spielräume – und es tut uns selbst gut, wenn wir sie nützen!

Jesus sagt heute im Evangelium: „Jeden Baum erkennt man an seinen Früchten.“

Uns Christen soll man auch an unseren Früchten erkennen – und an unserem freundlichen Gesicht!

So werden wir praktische Menschen.

Maria von Locherboden, wir bitten dich:

Lass uns gute Christinnen und Christen sein: Geistlich, herzlich, praktisch.

Sei uns nahe mit Deiner Fürsprache, Deinem Schutz und Deinem guten Rat.

 

Amen.